
Linux-Gegner führen häufig das Kompilieren von Quelltext (
Source Code) als Beispiel ins Feld, wie kompliziert und Benutzer-unfreundlich Linux doch sei. Dabei ist die Chance gross, dass Sie als Linux-User nie in die Verlegenheit kommen, erst einen Quelltext kompilieren zu müssen, bevor Sie ein Programm verwenden können.
Aber falls es doch einmal notwendig werden sollte, erhalten Sie hier eine Anleitung. Sie werden sehen, es ist überhaupt nicht kompliziert und man muss auch nicht über besondere Hackerqualitäten verfügen, um einen Quellcode kompilieren zu können. Das macht nämlich das System für Sie. Alles was Sie tun müssen, ist ein Archiv zu entpacken und den Befehl zum Kompilieren zu geben.
Aber weshalb geben einige Programmierer Software in dieser, anscheinend unfertigen Form, ab? Jede Linux-Distribution hat ihre Eigenheiten, allen gemeinsam ist aber der
Linux-Betriebssystemkern. Statt für jede Distribution und Versionsnummer ein eigenes Installationspaket (rpm, deb usw.) zu generieren, überlässt es der Entwickler Ihrem System, den Quelltext entsprechend zu interpretieren und ein lauffähigen Programm zu generieren. Sie geben lediglich das Startkommando dazu.
Quelltext wird in einer Datei mit dem Suffix
.tar geliefert, die wiederum für den Transport im Internet im Format
.gz oder
.bz2 gepackt wird. Sie haben also nach dem Download eine Archiv-Datei vorliegen, die nach dem Schema
programmname.tar.gz oder
programmname.tar.bz2 benannt ist.
Öffnen Sie das Terminal, eignen Sie sich
Rootrechte an und verzweigen Sie in den Ordner, in dem sich die o.g. Datei befindet. Sie kann zur weiteren Bearbeitung dort belassen werden. Überall, wo in den folgenden Befehlszeilen der Begriff
programmname auftaucht, müssen Sie diesen Platzhalter natürlich mit der richtigen Bezeichnung Ihres Downloads ersetzen.
Zunächst muss das Archiv entpackt werden. Je nach Dateiformat variiert der Befehl dazu geringfügig:
tar xvzf programmname.tar.gzodertar xvjf programmname.tar.bz2Darauf hin wird ein neues Unterverzeichnis
programmname erzeugt, in das Sie jetzt verzweigen:
cd programmnameNormalerweise befindet sich in diesem Verzeichnis ein Skript namens
configure, mit dem eine Datei
Makefile für Ihr System erzeugt wird. Dieses wird benötigt, um das Programm auf Ihr System anzupassen. Mit dem folgenden Befehl wird das Skript ausgelöst:
./configureDabei werden u.U. Meldungen auf dem Bildschirm ausgegeben, die Sie übergehen können - es sei denn, das Skript würde wegen eines Fehlers abgebrochen. Sollte sich im entpackten Archiv kein Skript
configure befinden, überspringen Sie diesen Schritt einfach.
Nun geht es ans Kompilieren. Der Terminalbefehl dazu lautet schlicht
make. Acer hat dieses Programm in Linpus Linux für den Aspire One unterschlagen. Sollten Sie es nicht bereits getan haben, so geben Sie jetzt
yum install make ins Terminal ein. Andere Linux-Distributionen haben
make normalerweise schon im Auslieferzustand mit an Bord. Stellen Sie sicher, dass Sie sich noch im Ordner
programmname befinden und geben Sie dann ins Terminal ein:
makeDieser Befehl benötigt die Datei
Makefile, die entweder durch das Skript
configure erzeugt wurde oder bereits im Ordner enthalten war. So kurz der Befehl ist, so lange braucht er -je nach Programmgrösse- zum Ausführen. Die Erzeugung der Installationsdaten wird durch eine Reihe von Meldungen begleitet - kein Grund, nervös zu werden.
Nachdem alle Daten erzeugt wurden, kann die Installation durchgeführt werden. Der Terminal-Befehl dazu lautet:
make installDie erfolgreiche Installation wird im Terminal gemeldet. Darauf hin können Sie das Programm aufrufen. Es sollte im Desktop- bzw. Anwendungsmenü verzeichnet sein, anderenfalls rufen Sie das Programm
Run mit den Tasten
Alt und
F2 auf und geben den Programmnamen ins Textfeld ein.
Jetzt könnten Sie die Archiv-Datei und das Installationsverzeichnis löschen, um Platz auf der Festplatte bzw. SSD zu schaffen
Aber Halt! Wie bei anderen Paketen auch, sollten Sie die
Installationsdaten behalten, um das Programm später in allen Bestandteilen löschen zu können. Es gibt einen Terminal-Befehl, der dafür sorgt, dass nur die benötigten Installationsdaten (inkl.
Makefile) aufbewahrt und temporäre Daten gelöscht werden:
make cleanFür diesen Befehl müssen Sie sich noch im Ordner
programmname befinden. Bewahren Sie diesen Ordner auf; um Platz zu sparen, können Sie die auch auf einem externen Medium tun. Das Archiv (
.gz bzw.
.bz2) können Sie löschen.
Um das Programm später korrekt zu deinstallieren, kopieren Sie den Ordner
programmname wieder auf Ihren internen Massenspeicher, gehen als Root im Terminal in diesen Ordner und geben folgenden Befehl ein:
make uninstallSo, mit diesen Kenntnissen ausgerüstet, dürfen Sie jetzt vor Ihren Windows-Freunden angeben. Und die werden dann tuscheln, wie schrecklich kompliziert Linux doch sei. Aber es war doch gar nicht so schlimm, oder?